Deutscher Klangkunst-Preis 2002 | ||
Prof. Karl Karst Erstmals: Ein Deutscher Klangkunst-Preis (Auszug 2002) Zum ersten Mal erhielt die noch junge Ausdrucksform der Klangkunst einen nationalen Preis. Der Deutsche Klangkunst-Preis soll alle zwei Jahre vergeben werden und sowohl die Kunstform als auch ihre Erforschung und Dokumentation unterstützen. Wenn auf die (dezente) Ausschreibung eines erstmals zu vergebenen Deutschen Klangkunst-Preises sogleich 63 Bewerbungen eingehen, deren Qualität und Streuung die Jury zu begeistern vermögen, dann bestärkt dies die Entscheidung der Initiatoren: Der Deutsche Klangkunst-Preis setzt ein Zeichen für die Bedeutung einer Wahrnehmungs-Dimension, deren Wichtigkeit die Kunst - als Vorreiterin gesellschaftlicher Prozesse - längst erkannt hat. Dass der für den Menschen außerordentlich bedeutsame Bereich der akustischen Wahrnehmung erst vergleichsweise spät Eingang in die Bildende Kunst gefunden hat, ist geistesgeschichtlich nicht ohne Grund: Seit mehr als 2000 Jahren gilt der abendländischen Kultur das "Schauen" mehr als das Hören. Aus der philosophischen Kultur der griechischen Antike haben wir mit der "Phänomenologie" den Gedanken übernommen, die Welt durch ihre sichtbare Erscheinung erfassen zu können. Platons "Wesens-Schau" vollzog sich durch die Augen, für Parmenides war das Licht die Voraussetzung der Erkenntnis - und in ihrem Gefolge definierte die Philosophie der Neuzeit, wie Leibnitz es tat, das "Licht als das Prinzip des Seyns", den Verstand als Summe von "Ein-Sichten", das Wissen als "Durch-Schaun"... Dass mit dem Durchschauen von Welt und Menschen stets multisinnliche Wahrnehmung verbunden ist, möglicherweise sogar eine Wahrnehmung, die nicht einmal aus der Summe der Sinne allein, sondern aus ihrer Mischung mit erfahrungsbegründeter Intuition resultiert, scheint uns heute - nach einem Jahrhundert der Psychotherapie und der Gehirnforschung - zumindest mental einzuleuchten. Der wiederholten Artikulation bedarf es dennoch. Auch wenn dies auf den ersten Blick nicht ins Auge fällt: Der Deutsche Klangkunst-Preis wäre nicht denkbar, wenn sich im Laufe des 20. Jahrhunderts nicht das Paradigma der Phänomenologie gewandelt hätte. Dass der Westdeutsche Rundfunk mit seinem über die Jahrzehnte reichenden Einsatz für die (später sogenannte) "Akustische Kunst" zur Diskussion dieser Fragen und zur Entwicklung einer spezifischen (hier: radiophonen) Klangkunst beigetragen hat, sollte nicht unerwähnt bleiben. Um so mehr freut es mich, dass das Skulpturenmuseum Glaskasten Marl die historische Entwicklung aufgreift und gemeinsam mit dem WDR einen Preis ins Leben ruft, der ganz bewusst auch die Wurzeln der jungen Kunstform zu erfassen versucht. Ein Preis soll entstehen, der nicht nur die aktuelle "Szene" sondiert und prämiert, sondern der auch die theoretische Erforschung und die historische Umsetzung auszeichnet und befördert: Lebenslinien einer Kunst, die trotz ihrer kurzen Existenz bereits "Geschichte" hat. Den vollständigen Text finden Sie hier. |